Dienstag, 7. März 2006

MAX Nr. 5/05 - Die Comic-Ausgabe

Autoren: Katja Koelbl, Alain Bieber, Angela Zierow, Stefanie Hellge, Rainer Schmidt, Stefan Krücken u.a.
Konzeption und Redaktion: Alexander Böker
Cover: Luca Petraroli
Verlag: MAX-Verlag
Erscheinungsdatum: 04/2005








Inhalt:
Sie haben Spider-Man MIT Bindestrich geschrieben! Wow.

Letztes Jahr ging ein Raunen durch die Comiclandschaft, als die MAX sich dem Comic widmete. Endlich mal ein Nischenprodukt im Fokus eines größeren Publikums.
Doch wie fiel das Endresultat aus? Kurzantwort: Dürftig. SEHR dürftig!

Den Anfang machen wahllos rausgepickte Comicreihen und Produkte auf einer Doppelseite, die mehr als kurz vorgestellt werden. Warum? Weiß keine Sau.

Es folgt eine Reihe mit etwas ausführlicher vorgestellten Comics:
Der Schlaf des Monsters (Enki Bilal), Johnny the Homicidal Maniac (Jhonen Vasquez), Chasing Dogma (Kevin Smith, Duncan Fegredo), die Simpsons (Matt Groening), Tim & Struppi (Hergé), Asterix & Obelix (René Goscinny, Albert Uderzo), Micky Maus & Donald Duck (Walt Disney!), Hellblazer, JLA: Secret Origins (Alex Ross), Sky Doll (Barbara Canepa, Alessandro Barbucci), Tank-Girl (Jamie Hewlett, Alan Martin) und Michael Vaillant (Jean Graton).
Konzept? Sinn? BITTE?!
Warum gerade diese Reihen? Hat man die kurz vorher auf dem Flomarkt gefunden? Während Chasing Dogma ja noch einigermaßen Sinn macht (halt Kevin Smith), fragt man sich doch, was Johnny THM da verloren hat, da es keine dt. Ausgabe gibt. Witzig auch, daß die Simpsons (und sogar Futurama kurz) genannt werden, die eigentliche Comicreihe von Groening (Life in Hell), aber mit keiner Silbe erwähnt wird.
Von kleineren Fehlern mal abgesehen, wie daß Chasing Amy von 1999 stammen soll oder Smith' DD-Run eine Miniserie war und Green Arrow als "Saga" dargestellt wird.
Zudem war "Asterix erobert Rom" keineswegs der erste Zeichentrickfilm des kleinen Galliers.
Auch die Tatsache, daß Comic Books (mal wieder) mit Comicbüchern übersetzt wird, oder man einen Jungen in einem Comicshop zeigt und von Kiosk spricht, lassen wir gnädigerweisen unter den Tisch fallen.

Dann folgt ein kurzer Querschnitt durch die Entstehung des Comics. KURZ sei hier hervorgehoben. Kurz und vor allem OBERFLÄCHLICH.

Dann erfolgt auf 3 1/3 die Gegenüberstellung von Comics aus Japan, dem franko-belgischen Raum und Wessi-Land und Ossi-Land. Auch hier werden wahllos irgendwelche Serien rausgepickt und bei Comics wie Dragon Ball und Akira hat man auch darauf verzichtet, mal hinzuweisen, daß die Serien schon seit Ewigkeiten abgeschlossen sind (Erscheint seit..."). Letzterer Titel wird z.B. auch noch als erster dt. Manga deklariert, was schlicht falsch ist (es war "Barfuss durch Hiroshima", erschienen bei Rowohlt).
Immerhin findet Wastl eine ausführliche Erwähnung... vermutlich, weil sein Motorrad "Bumsi" heißt (was zweimal hervorgehoben wird). Ha. Ha. Ha. Einmal schlecht gelacht. Man merkt aber, mit was für geistreichen Autoren man es hier zu tun hat.
Dafür ist der gute Wastl (oder Jerom, wie er im Original heißt), plötzlich französischer Herkunft, anstatt korrekterweise belgischer und mit welcher mathematischer Formel die Schreiber auf 231 erschienene Hefte kommen (tatsächlich waren es 173 plus 7 Taschenbücher, die aber JAHRE nach dem Ende der Heftserie erschienen), soll mir erst mal einer erklären.

Es folgt ein Interview mit flix (held; sag was), um auch die dt. Szene zu repräsentieren. Das ist mal positiv, denn sonst müssen ja immer Ralf König und Walter Moers für so was herhalten.

Auf dreieinhalb Seiten widmet man sich dann Sin City. Erstaunlich - für die MAX-Leute war nur Carlsen bisher der dt. Herausgeber der Comics. Schreiber & Leser? Cross Cult? Who?! Ah, zum Schluss erwähnt man ganz kurz die Neuauflage bei Cross X Cult (sic!).

Es folgt ein Bericht über Fettes Brot, ergänzt um Comiczeichnungen der Band. Den Platz dazu zu nutzen, etwas kompetenter auf die vorgestellten Comics einzugehen? Ach was!

Jaaaaa... und dann kommt das Wichtigste. Das worauf man schon auf dem Cover hingewiesen wurde... TITTEN!!!
Eingebettet in eine große Brustpara-- äh Leseprobe mit viel G-taste gibt's auch einen kleinen Bericht über Porno-Mangas. Nett auch die Erwähnung, daß das ja alles übertrieben ist und der Mangamarkt nicht mal 20 Prozent des Comicmarktes in Japan ausmacht. Bei den ganzen läufigen Damen auf den Seiten vorher wirkt das sehr... zynisch? Ironisch? ICH WEISS NICHT!
Immerhin bin ich jetzt schlauer: Porno-Mangas werden in Deutschland gar nicht veröffentlicht! Hoho! Die dt. Ausgaben von so illustren Titeln wie "Lust", "Slut Girl", "Sexphiles" oder "Miss DD" sind dann nur Einbildungen meiner Phantasie. Neeisklar. Höhö.
Wusste auch gar nicht, daß man in Japan keinen Sex zwischen Erwachsenen zeigen darf, Sex mit Kindern hingegen schon. Hä? Vermutlich Informationen von "jemanden dessen Bruder der Freundin des Schwagers ihrer Mutter mal eine Broschüre über Japan aus der Ferne gesehen hat". Vielleicht aber auch nur "Extrem Stille Posting!"!

Weiter geht's mit einem Interview miiiit... Ben Becker! Jaaaaa! Immerhin mit Zeichnungen von Niemand anderem als Matthias Schultheiss untermalt (damit man das in den Comicteil packen darf).

Und dann kommt der Höhepunkt. Die Erklärung des geistigen Totalausfalls: Ein Bericht über Marvel. An dieser Stelle könnte man sich natürlich fragen, warum nur Marvel näher beleuchtet wird, aber wir nehmen das jetzt mal so hin. Vermutlich haben die Schreiberlinge irgendwo eine Pressemappe mit massig Infos zum abschreiben gefunden und der Praktikant war gerade drüben in Neu York und durfte die Besichtigungstour mitmachen.
Ja, ja. Marvel - Erfinder von so Figuren wie The Avengers, Elektra, Thor (!), den Phantastischen Vier (steht da so!) und natürlich... Conan (!!!!). AAARGH!!! *mit dem kopf vor die wand läuft*

Über die Comics und den Ablauf dort erfahren wir zudem nicht viel, dafür in bisschen was übers Lizenzgeschäft, wo man schön mit Zahlen um sich werfen kann (wenn man schon mal so eine praktische GeschäftsPresseBerichtMappe hat...). Das Marvel natürlich 1996 kurz vor dem Aus stand und nicht 1998 kann man ja noch verschmerzen, das die Marvel-Mitarbeiter als hässlich abgewatscht wurden (Zitat: Man begegnet Bierbäuchen, Haarausfall, Grunge-Bärten, die schon komisch aussahen, als man noch Grunge hörte; die meisten hier mussten bestimmt alleine zum Abschlussball gehen, hier arbeitet eher Homer Simpson als Captain America") ist an Dreistigkeit eigentlich kaum noch zu unterbieten.
Aber auch mit den Comicfiguren kennt man sich aus - bei Peter Parker haben mich ja schon immer dessen Allergie-Attacken und bei Daredevil dessen Depressionen so sehr fasziniert...
Und weil Ralf Macchio ja Jaguar fährt und sein Büro mit Bildern von Gwyneth Paltrow gepflastert hat, musste der vollkommen vorurteilsfreie Autor wohl auch gleich an Macho denken und hat den guten Ralf in Maccio umgetauft. Vielleicht hatte er aber auch nur Hunger und an Maccaronis gedacht. Oder den Lago Macciore (oder so).
Aber auch ich fiebere ja jedem neuem Daredevil-Abenteuer entgegen, zeichnet und textet Joe Quesada die doch schon seit Jahren im Alleingang.
Aber irgendwie hat es den Autoren dann doch infiziert, denn er beendet seinen "Artikel" in schönster Hulk-Sprack mit "Die Stadt ihm bestimmt gleich sagen, wie es weitergeht". Gronk!

Zum Abschluss gibt es ein ebenso nettes wie unnützes Bonbon - Comicfiguren in teure Klamotten eingepackt. Doch, den guten Silver Surfer in einem Anzug von Lagerfeld zu sehen, hat schon was.
Weitere Kandidaten: Dick Tracy, Charlie Brown, Barbarella, Betty Boop und Lucky Luke.

Fazit:
Völlig konzeptlos wird hier ein brachial oberflächlicher Durchmarsch durch die Comics begangen. Dem geneigten Leser werden Namen und Fremdworte um die Ohren gehauen, ohne daß diese erklärt werden, selbst simpelste zu recherchierende Fakten (ein Blick in die IMdB hätte wohl 50 Prozent der Fehler ausbügeln könnten) werden falsch bzw. ungeprüft wiedergegeben und Micky Maus heißt erst Mickymaus und dann durchgehend Mickey Mouse.

Erneut zeigt sich, daß Leute, die der Comicszene fremd sind, einfach nicht solche Themen anvisieren sollten, ohne mal einen oder mehrere Comicexperten drüberlesen zu lassen. Vom dem Sammelsurium an Peinlichkeiten des letzten Beitrags mal abgesehen. Das ist einfach unfeiner Stil.

Interessant aber, daß direkt am Anfang des Heftes damit geworben wird, daß einer der Initiatoren dieses Specials selbst Comic-Fan ist. Man fragt sich nur, was für einer.

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